Was ist Kunst wert?
Daß das Magazin "MAX" online Bilder zu akquirieren versucht und dafür, wie bei Sven zu lesen ist, nicht einmal ein Honorar zu zahlen bereit ist, überrascht mich nicht wirklich. Mit immer unverfrorenerer Selbstverständlichkeit wird davon ausgegangen, daß Kunst kostenlos zu haben ist.
Ich erinnere mich selbst an etliche Beispiele aus meinen blutigen Anfängerjahren als Musikerin, wo ich mich immer mal wieder breitschlagen ließ zu dem einen oder anderen Gratis-Auftritt – nicht etwa, wie ich es heute auch immer noch gerne tue, von Freunden oder guten Bekannten, sondern von Menschen, gar von Institutionen, die durchaus in der Lage gewesen wären, mir etwas zu zahlen, die mich aber ähnlich zu locken verstanden wie die "MAX"-Redakteure. Heute würde ich auf solche Sprüche nicht mehr hereinfallen, denn in der Zwischenzeit ist mir einiges klar geworden.
Mir scheint, daß das zur Ideologie verbogene biedermeierliche Bild des "armen Poeten" immer noch die bürgerliche Auffassung von Kunst und Künstlern prägt.
Diese haben in erster Linie mal Idealisten zu sein. Den schnöden Mammon überlasse man doch bitteschön denjenigen, die damit umzugehen wissen. Kommt ein Künstler dann doch auf die Idee, für sein Tun und Werk Geld zu verlangen, folgt sehr rasch der Vorwurf der "Kommerzialisierung". Der spätestens diejenigen trifft, die tatsächlich erfolgreich werden.
Einmal erwarb jemand eine Singvøgel-CD mit den Worten "Euch kann man ja noch kaufen, im Gegensatz zu Rosenstolz, die sind ja jetzt so fürchterlich kommerziell".
Wie bitte?
Rosenstolz ist kein Industrieprodukt wie diese diversen durchgestylten Casting-Bands, sondern ein eigenschöpferisches Projekt. Die haben sich aus der Berliner Szene hochgespielt, machen einfach ihr Ding (ob das nun jemandes Geschmack ist, steht ja auf einem anderen Blatt) – und machen damit mittlerweile richtig Kohle. Aber ist deswegen die Musik, sind die Texte schlechter als zu Anfang? Anders sind sie vielleicht; wäre ja schlimm, wenn jemand immer das gleiche Lied schriebe. Aber wie bitte klingt "kommerziell"?
Also ich wäre richtig gerne kommerziell, in dem Sinne, daß ich überhaupt nix dagegen hätte, mit dem, was ich gut kann, nämlich Lieder machen, auch gutes Geld zu verdienen.
Die Wurzel des ganzen Problems vermute ich im Umgang mit "Kunst als Ware". Wird ein Kunstwerk gehandelt, erhält es einen festen Wert, wird damit aber gleichzeitig zu einem merkantilen Objekt, das allen Gesetzen der Marktwirtschaft ebenso unterworfen ist wie deren grundsätzlicher Geistlosigkeit.
Hier läßt sich dann auch wieder der Bogen schlagen zur "hehren Kunst" des armen (für seine Ideale hungernden und frierenden) Poeten und den mißtrauisch beäugten Erfolgreichen.
Der arme Poet ist sozusagen der Sündenbock für den Spießbürger, der sich mit Idealen eben gar nicht erst abgibt, lieber dem armen Künstler einen Brosamen hinwirft anstatt ihm ein ordentliches Honorar zu zahlen, und ihn dafür als Stellvertreter benutzt, der für ihn denkt, schreibt, singt, tanzt, malt und spielt.
Mit dem erfolgreichen Künstler kann der Spießbürger das nicht mehr machen, darum wird der eben gleich als "verflacht" oder "vom Geld verdorben" abgelehnt.
Die Herausforderung läge darin, der Kunst und ihren Ausdrucksformen einen Wert beizumessen, der sich auch (!) in finanzieller Hinsicht niederschlägt, und gleichzeitig die Fallen marktwirtschaftlicher Beurteilung und (spieß-)bürgerlicher Verurteilung zu vermeiden.
Eine Kulturgesellschaft stellt sich dieser Aufgabe und bewältigt sie so gut wie möglich. Eine Merkantilgesellschaft bedient sich bestenfalls des Vorwandes, eine Kulturgesellschaft zu sein und handelt nach den Regeln der Wirtschaft, womit die Kunst endgültig zur Ware, der Künstler zum Industriearbeiter oder zum Hungerkünstler wird.
Ich erinnere mich selbst an etliche Beispiele aus meinen blutigen Anfängerjahren als Musikerin, wo ich mich immer mal wieder breitschlagen ließ zu dem einen oder anderen Gratis-Auftritt – nicht etwa, wie ich es heute auch immer noch gerne tue, von Freunden oder guten Bekannten, sondern von Menschen, gar von Institutionen, die durchaus in der Lage gewesen wären, mir etwas zu zahlen, die mich aber ähnlich zu locken verstanden wie die "MAX"-Redakteure. Heute würde ich auf solche Sprüche nicht mehr hereinfallen, denn in der Zwischenzeit ist mir einiges klar geworden.
Mir scheint, daß das zur Ideologie verbogene biedermeierliche Bild des "armen Poeten" immer noch die bürgerliche Auffassung von Kunst und Künstlern prägt.
Diese haben in erster Linie mal Idealisten zu sein. Den schnöden Mammon überlasse man doch bitteschön denjenigen, die damit umzugehen wissen. Kommt ein Künstler dann doch auf die Idee, für sein Tun und Werk Geld zu verlangen, folgt sehr rasch der Vorwurf der "Kommerzialisierung". Der spätestens diejenigen trifft, die tatsächlich erfolgreich werden.
Einmal erwarb jemand eine Singvøgel-CD mit den Worten "Euch kann man ja noch kaufen, im Gegensatz zu Rosenstolz, die sind ja jetzt so fürchterlich kommerziell".
Wie bitte?
Rosenstolz ist kein Industrieprodukt wie diese diversen durchgestylten Casting-Bands, sondern ein eigenschöpferisches Projekt. Die haben sich aus der Berliner Szene hochgespielt, machen einfach ihr Ding (ob das nun jemandes Geschmack ist, steht ja auf einem anderen Blatt) – und machen damit mittlerweile richtig Kohle. Aber ist deswegen die Musik, sind die Texte schlechter als zu Anfang? Anders sind sie vielleicht; wäre ja schlimm, wenn jemand immer das gleiche Lied schriebe. Aber wie bitte klingt "kommerziell"?
Also ich wäre richtig gerne kommerziell, in dem Sinne, daß ich überhaupt nix dagegen hätte, mit dem, was ich gut kann, nämlich Lieder machen, auch gutes Geld zu verdienen.
Die Wurzel des ganzen Problems vermute ich im Umgang mit "Kunst als Ware". Wird ein Kunstwerk gehandelt, erhält es einen festen Wert, wird damit aber gleichzeitig zu einem merkantilen Objekt, das allen Gesetzen der Marktwirtschaft ebenso unterworfen ist wie deren grundsätzlicher Geistlosigkeit.
Hier läßt sich dann auch wieder der Bogen schlagen zur "hehren Kunst" des armen (für seine Ideale hungernden und frierenden) Poeten und den mißtrauisch beäugten Erfolgreichen.
Der arme Poet ist sozusagen der Sündenbock für den Spießbürger, der sich mit Idealen eben gar nicht erst abgibt, lieber dem armen Künstler einen Brosamen hinwirft anstatt ihm ein ordentliches Honorar zu zahlen, und ihn dafür als Stellvertreter benutzt, der für ihn denkt, schreibt, singt, tanzt, malt und spielt.
Mit dem erfolgreichen Künstler kann der Spießbürger das nicht mehr machen, darum wird der eben gleich als "verflacht" oder "vom Geld verdorben" abgelehnt.
Die Herausforderung läge darin, der Kunst und ihren Ausdrucksformen einen Wert beizumessen, der sich auch (!) in finanzieller Hinsicht niederschlägt, und gleichzeitig die Fallen marktwirtschaftlicher Beurteilung und (spieß-)bürgerlicher Verurteilung zu vermeiden.
Eine Kulturgesellschaft stellt sich dieser Aufgabe und bewältigt sie so gut wie möglich. Eine Merkantilgesellschaft bedient sich bestenfalls des Vorwandes, eine Kulturgesellschaft zu sein und handelt nach den Regeln der Wirtschaft, womit die Kunst endgültig zur Ware, der Künstler zum Industriearbeiter oder zum Hungerkünstler wird.
Karan - 20. Juli, 01:21
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