Laßt Euch überwachen!
Es überrascht mich doch, wie sehr das Thema "biometrischer Reisepaß" derzeit untergeht.
Die technische Unausgereiftheit biometrischer Methoden ist nur der geringste Teil der Problematik; am fragwürdigsten ist in meinen Augen die Tatsache, daß solche Daten überhaupt in so umfassendem Maß erfaßt werden. Mal ganz abgesehen davon, daß die derzeitig geplante dezentrale Speicherung derselben irgendwann sang- und klanglos zentralisiert werden könnte: willkommen im totalen Überwachungsstaat!
Ich erinnere mich an die Volkszählung in den 80er Jahren, an die kontroversen Debatten, an die Proteste und an den offenen bis subversiven Boykott. Ist heute wirklich allen egal, was über sie gespeichert (und möglicherweise gegen sie verwendet) werden kann?
Es kann doch wohl nicht wirklich die Angst vor Terrorismus sein, die jeglichen Protest bereits im Keim erstickt. Ist es also doch Wurschtigkeit? Oder ist das Gefühl allgemeiner Machtlosigkeit tatsächlich schon so weit verbreitet? Bei Sven fand ich vor längerer Zeit einen Verweis zu genau dieser Frage.
Mir ist sehr bewußt, daß die jetzt gerade noch mögliche Anschaffung eines nichtbiometrischen Ausweises (der übrigens nur € 26.- statt € 59.- kostet) maximal die Möglichkeit eines Aufschubs für die 10 Jahre von dessen Gültigkeit bietet. Doch wo formiert sich ein großangelegter Widerstand? Ich fürchte, was da in Bewegung gesetzt wurde, ist kaum mehr aufzuhalten. Oder doch?
Die technische Unausgereiftheit biometrischer Methoden ist nur der geringste Teil der Problematik; am fragwürdigsten ist in meinen Augen die Tatsache, daß solche Daten überhaupt in so umfassendem Maß erfaßt werden. Mal ganz abgesehen davon, daß die derzeitig geplante dezentrale Speicherung derselben irgendwann sang- und klanglos zentralisiert werden könnte: willkommen im totalen Überwachungsstaat!
Ich erinnere mich an die Volkszählung in den 80er Jahren, an die kontroversen Debatten, an die Proteste und an den offenen bis subversiven Boykott. Ist heute wirklich allen egal, was über sie gespeichert (und möglicherweise gegen sie verwendet) werden kann?
Es kann doch wohl nicht wirklich die Angst vor Terrorismus sein, die jeglichen Protest bereits im Keim erstickt. Ist es also doch Wurschtigkeit? Oder ist das Gefühl allgemeiner Machtlosigkeit tatsächlich schon so weit verbreitet? Bei Sven fand ich vor längerer Zeit einen Verweis zu genau dieser Frage.
Mir ist sehr bewußt, daß die jetzt gerade noch mögliche Anschaffung eines nichtbiometrischen Ausweises (der übrigens nur € 26.- statt € 59.- kostet) maximal die Möglichkeit eines Aufschubs für die 10 Jahre von dessen Gültigkeit bietet. Doch wo formiert sich ein großangelegter Widerstand? Ich fürchte, was da in Bewegung gesetzt wurde, ist kaum mehr aufzuhalten. Oder doch?
Karan - 19. Oktober, 21:01
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MMarheinecke - 19. Oktober, 22:39
Eine Antwort ist Resignation
Ich vermute, viele Menschen haben schlicht resigniert.
"Es ist eh zu spät, alle möglichen Leute haben alle möglichen Daten von mir, und öffentliche Plätze sind so sehr mit Kameras bestückt wie der Big Brother-Container. Protest hat eh keinen Zweck mehr, der Drop ist gelutscht." Kommt noch die altbekannte Untertanen-Metalität hinzu, egal ob negativ: "Die da oben machen eh was sie wollen" oder positiv: "Die werden sich schon was dabei gedacht haben", die übliche Selbstgerechtigkeit: "Ich habe nichts zu verbergen, also nichts zu befürchten" und natürlich die in keinen Verhältnis zur Realität stehende Angst vor Gewaltkriminalität - dann wundern mich die Resignation überhaupt nicht mehr. Die selbe Resignation, deretwegen sich z. B. Langzeitarbeitslose in ihr "Schicksal" ergeben, oder die die in vielen Sonntagsreden geforderte "Eigeninitiative" lähmen: "Hat eh keinen Zweck mehr."
Ein weitere Grund mag in der deutschen politischen Mentalität liegen. "Der Hass gegen den Liberalismus ist das Einzige, in dem die Deutschen einig sind." (Ludwig von Mises, 1927) Etwas überspizt, aber damals voll und ganz zutreffend. Auch heute noch werden bürgerliche Freiheitsrechte eher gering, das Versprechen von Sicherheit und Ordnung dafür sehr hoch eingeschätzt. Allerdings: wenn ich mir ansehe, wie relativ reibunglos drastische Überwachungsmaßnahmen im "Mutterland des Liberalismus", in Großbritannien, eingeführt wurden, dann scheint diese Mentalität leider keine deutsche Spezialität zu sein.
Das hängt sicher auch mit der massiven Propaganda für Überwachung, für strengere Gesetze, für Denunziation, für Misstrauen zusammen. Glaubt man bestimmten Fernsehsendungen, dann ist jeder Sozialhilfeempfänger ein potenzieller Sozialschmarotzer, glaubt man bestimmten Politikern, dann bringt jeder Einwanderer den Untergang des Vaterlandes näher. Im Zusammenhang mit dem Internet redet man seit gut 10 Jahren von den vier Infokalyptischen Reitern, die so schrecklich sind, dass sie offensichtlich jeder Form der Zensur und der Überwachung rechtfertigen. 1. Organisiertes Verbrechen, 2. Rechtsextremismus, 3. Terrorismus und 4. Kinderpornographie.
Ob diese Zensur und Überwachung auch nur das Geringste nützt, ist egal, Hauptsache "es wird was getan".
Der biometrische Ausweis ist auch ein Ausdruck dieser Haltung, es ist klar, er kann nicht viel nützen, aber "es wird was getan". Er wird bei uns eingeführt, weil die USA ihn zur Bedingung für den visafreien Reiseverkehr gemacht haben, ohne den Geschäftsreise in die USA so schikanös verlaufen würden, dass dadürch erhebliche Nachteile für die deutsche Außenwirtschaft entstünden. (Der erleichterte Reiseverkehr wurde schließlich nicht für irgendwelche Touris eingeführt.) Der zweite Grund: Mit Überwachungstechnik wird gutes Geld verdient, einer der wenigen "sicheren" Wachstumsmärkte für die Elektronik-Industrie. Ist fast so wie mit den Rüstungsexporten.
Ich denke, eine der angemessenen Reaktion auf totalitäre Tendenzen ist Subversion, aber das hier und jetzt zu erläutern, ist nicht der richtige Ort.
Martin
"Es ist eh zu spät, alle möglichen Leute haben alle möglichen Daten von mir, und öffentliche Plätze sind so sehr mit Kameras bestückt wie der Big Brother-Container. Protest hat eh keinen Zweck mehr, der Drop ist gelutscht." Kommt noch die altbekannte Untertanen-Metalität hinzu, egal ob negativ: "Die da oben machen eh was sie wollen" oder positiv: "Die werden sich schon was dabei gedacht haben", die übliche Selbstgerechtigkeit: "Ich habe nichts zu verbergen, also nichts zu befürchten" und natürlich die in keinen Verhältnis zur Realität stehende Angst vor Gewaltkriminalität - dann wundern mich die Resignation überhaupt nicht mehr. Die selbe Resignation, deretwegen sich z. B. Langzeitarbeitslose in ihr "Schicksal" ergeben, oder die die in vielen Sonntagsreden geforderte "Eigeninitiative" lähmen: "Hat eh keinen Zweck mehr."
Ein weitere Grund mag in der deutschen politischen Mentalität liegen. "Der Hass gegen den Liberalismus ist das Einzige, in dem die Deutschen einig sind." (Ludwig von Mises, 1927) Etwas überspizt, aber damals voll und ganz zutreffend. Auch heute noch werden bürgerliche Freiheitsrechte eher gering, das Versprechen von Sicherheit und Ordnung dafür sehr hoch eingeschätzt. Allerdings: wenn ich mir ansehe, wie relativ reibunglos drastische Überwachungsmaßnahmen im "Mutterland des Liberalismus", in Großbritannien, eingeführt wurden, dann scheint diese Mentalität leider keine deutsche Spezialität zu sein.
Das hängt sicher auch mit der massiven Propaganda für Überwachung, für strengere Gesetze, für Denunziation, für Misstrauen zusammen. Glaubt man bestimmten Fernsehsendungen, dann ist jeder Sozialhilfeempfänger ein potenzieller Sozialschmarotzer, glaubt man bestimmten Politikern, dann bringt jeder Einwanderer den Untergang des Vaterlandes näher. Im Zusammenhang mit dem Internet redet man seit gut 10 Jahren von den vier Infokalyptischen Reitern, die so schrecklich sind, dass sie offensichtlich jeder Form der Zensur und der Überwachung rechtfertigen. 1. Organisiertes Verbrechen, 2. Rechtsextremismus, 3. Terrorismus und 4. Kinderpornographie.
Ob diese Zensur und Überwachung auch nur das Geringste nützt, ist egal, Hauptsache "es wird was getan".
Der biometrische Ausweis ist auch ein Ausdruck dieser Haltung, es ist klar, er kann nicht viel nützen, aber "es wird was getan". Er wird bei uns eingeführt, weil die USA ihn zur Bedingung für den visafreien Reiseverkehr gemacht haben, ohne den Geschäftsreise in die USA so schikanös verlaufen würden, dass dadürch erhebliche Nachteile für die deutsche Außenwirtschaft entstünden. (Der erleichterte Reiseverkehr wurde schließlich nicht für irgendwelche Touris eingeführt.) Der zweite Grund: Mit Überwachungstechnik wird gutes Geld verdient, einer der wenigen "sicheren" Wachstumsmärkte für die Elektronik-Industrie. Ist fast so wie mit den Rüstungsexporten.
Ich denke, eine der angemessenen Reaktion auf totalitäre Tendenzen ist Subversion, aber das hier und jetzt zu erläutern, ist nicht der richtige Ort.
Martin
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