Beflügelt
Sie hockt neben einem Weinstock und schreit mich an. Normalerweise fliegen sie immer auf, wenn ich vorbeilaufe, manch eine setzt sich vielleicht in die übernächste Rebzeile und lugt zu mir herüber, hin- und hergerissen zwischen Neugier und Fluchtreflex. Sie aber schreit. Furchtlos und gellend. Vier mal. Erst, als ich stehen bleibe, spreizt sie die schwarzglänzenden Flügel, segelt ein Stück den Weinberg hinunter und plaziert sich in Sichtweite. Kräht nochmals. Wieder vier mal.
Was willst du mir sagen, Schwester?
Sie wartet, legt den Kopf herausfordernd schief. Mach die Augen auf, sagt ihr Blick.
Da bemerke ich den Falken. Er sitzt einige Weinstöcke neben ihr. Sein schönes Profil ist unbewegt. So nah sah ich ihn nie. Beide sind still, wie auch ich, mein Atem stockt. Dann flattert die Krähe auf, über den Hang hinunter ins Tal. Der Falke wartet. Bis auch er sich in den Wind wirft, hoch und weit hinauf, sich ohne einen Flügelschlag bis fast an das Ende des Weinbergs tragen läßt, rüttelnd stehenbleibt und irgendwann meinen Blicken entschwindet. Doch als ich um die nächste Kurve biege, steht er neben mir in der Luft, fast genau auf meiner Höhe, kraftvoll spielt er mit dem Luftstrom, scharfen Auges späht er zwischen den Zeilen nach Beute.
Guten Flug, Schwester.
Gute Jagd, Bruder.
Bleibt gesund. Bitte.
Was willst du mir sagen, Schwester?
Sie wartet, legt den Kopf herausfordernd schief. Mach die Augen auf, sagt ihr Blick.
Da bemerke ich den Falken. Er sitzt einige Weinstöcke neben ihr. Sein schönes Profil ist unbewegt. So nah sah ich ihn nie. Beide sind still, wie auch ich, mein Atem stockt. Dann flattert die Krähe auf, über den Hang hinunter ins Tal. Der Falke wartet. Bis auch er sich in den Wind wirft, hoch und weit hinauf, sich ohne einen Flügelschlag bis fast an das Ende des Weinbergs tragen läßt, rüttelnd stehenbleibt und irgendwann meinen Blicken entschwindet. Doch als ich um die nächste Kurve biege, steht er neben mir in der Luft, fast genau auf meiner Höhe, kraftvoll spielt er mit dem Luftstrom, scharfen Auges späht er zwischen den Zeilen nach Beute.
Guten Flug, Schwester.
Gute Jagd, Bruder.
Bleibt gesund. Bitte.
Karan - 20. Februar, 20:06
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MMarheinecke - 20. Februar, 22:21
Leben heißt Sterben
und für fleischfressende Vögel heißt Leben Töten. Auch sich gegenseitig fresssen. (Zwar kann eine Krähe keinen Falken töten, aber als gelegentlicher Aasfresser ... )
Wie auch immer. Es ist ein sinnvolles Töten. "Töte, um zu leben!"
Sinnlos töten ist ein menschliches Privileg - auch wenn ich das dumme Gefühl habe, dass meine Katze zuweilen zum Vergnügen tötete - wobei sich trefflich streiten ließe, ob die Vergnügungsjagd einer Katze wirklich sinnfrei ist.
Jetzt habe es: Menschlich ist es für eine Idee zu sterben. Menschlich ist es, für ene Idee zu töten.
Laßt Ideen sterben, nicht Menschen! (Karl Popper)
Eine Idee, für die es sich nicht gegebenenfalls lohnt zu sterben, für die lohnt es sich auch nicht zu leben.
(Fällt mir nicht ein von wem, vermute Hemmingway - hat er sich nicht selbst erschossen?)
Wie auch immer. Es ist ein sinnvolles Töten. "Töte, um zu leben!"
Sinnlos töten ist ein menschliches Privileg - auch wenn ich das dumme Gefühl habe, dass meine Katze zuweilen zum Vergnügen tötete - wobei sich trefflich streiten ließe, ob die Vergnügungsjagd einer Katze wirklich sinnfrei ist.
Jetzt habe es: Menschlich ist es für eine Idee zu sterben. Menschlich ist es, für ene Idee zu töten.
Laßt Ideen sterben, nicht Menschen! (Karl Popper)
Eine Idee, für die es sich nicht gegebenenfalls lohnt zu sterben, für die lohnt es sich auch nicht zu leben.
(Fällt mir nicht ein von wem, vermute Hemmingway - hat er sich nicht selbst erschossen?)
Karan - 21. Februar, 14:58
Huhu MM,
Krähe und Falke sind in diesem Falle gut befreundet ;-)
Krähe und Falke sind in diesem Falle gut befreundet ;-)
distelfliege - 20. Februar, 22:28
Wie ging das..
...Farewell, wherever you fare
and may the wind under your wings bear you where the sun sails and the moon walks
Das ist aus "The Hobbit" - das einzige tolkienbuch durch das ich mich mal geackert hatte (weiss nicht mehr viel davon)
..diesen Abschiedsgruss von einer bestimmten Sorte Vogelwesen fand ich immer schön.
and may the wind under your wings bear you where the sun sails and the moon walks
Das ist aus "The Hobbit" - das einzige tolkienbuch durch das ich mich mal geackert hatte (weiss nicht mehr viel davon)
..diesen Abschiedsgruss von einer bestimmten Sorte Vogelwesen fand ich immer schön.
Londo - 21. Februar, 09:35
Kürzlich ging ich morgens..
...an meine Garage, um das Auto zu holen, und da saß auf einem benachbarten Baum ebenfalls eine Krähe, und meldete sich: "Krah-krah-krah-krah". Ich weiss auch nicht, was sie mir sagen wollte, und dummerweise hatte ich keins meiner Geierleins zum Dolmetschen dabei. Aber ich war fasziniert von dem schönen Anblick, blieb kurz stehen und betrachtete sie - während sie mich betrachtete.
Karan - 21. Februar, 14:59
Ja, ich glaube, das wäre jetzt gerade sehr wichtig für uns: genau verstehen zu können, was uns die Vögel erzählen...
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