Verteidigungsfall?
Wolfgang Schäuble interpretiert das UN-Recht im Interview mit der sächsischen Zeitung höchst eigenwillig.
Von einem kontinuierlichen "Verteidigungsfall", wie Schäuble ihn postuliert, kann überhaupt keine Rede sein.
Und der Sicherheitsratsbeschluß lautet wie folgt:
Also: man wird was unternehmen, im Einklang mit den bereits bestehenden Vereinbarungen, die offenkundig dafür auch genügen.
Offenbar sollte man Herrn Schäuble auch noch die UN-Charta zukommen lassen... nötig hat er's!
(Via Hanno)
"Ich habe keine Forderung nach gezielter Tötung von Terroristen gestellt. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass selbst im Verteidigungsfall nach Artikel 51 der Uno-Charta – in diesem Status befinden wir uns durch einen Beschluss des Weltsicherheitsrates vom 12. September 2001 – die Frage des Kombattanten-Status nicht wirklich befriedigend geklärt ist. Und das habe ich als ein Beispiel genommen, dass das internationale Recht auf diese neuen Bedrohungen keine zureichenden Antworten hat."Ein Blick in die UN-Charta:
Artikel 51Also: Notwehr ist erlaubt, bis der Sicherheitsrat etwas unternimmt. Außerdem muß diesem alles gemeldet werden.
Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.
Maßnahmen, die ein Mitglied in Ausübung dieses Selbstverteidigungsrechts trifft, sind dem Sicherheitsrat sofort anzuzeigen; sie berühren in keiner Weise dessen auf dieser Charta beruhende Befugnis und Pflicht, jederzeit die Maßnahmen zu treffen, die er zur Wahrung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit für erforderlich hält.
Von einem kontinuierlichen "Verteidigungsfall", wie Schäuble ihn postuliert, kann überhaupt keine Rede sein.
Und der Sicherheitsratsbeschluß lautet wie folgt:
SICHERHEITSRAT
Resolution 1368(2001) vom 12. September 2001
Gegenstand:
Verurteilung der Terroranschläge in den Vereinigten Staaten von Amerika
Der Sicherheitsrat,
• in Bekräftigung der Grundsätze und Ziele der Charta der Vereinten Nationen,
• entschlossen, die durch terroristische Handlungen verursachten Bedrohungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit mit allen Mitteln zu bekämpfen,
• in Anerkennung des naturgegebenen Rechts zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung im Einklang mit der Charta,
1. verurteilt unmißverständlich mit allem Nachdruck die grauenhaften Terroranschläge, die am 11. September 2001 in New York, Washington und Pennsylvania stattgefunden haben, und betrachtet diese Handlungen, wie alle internationalen terroristischen Handlungen, als Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit;
2. bekundet den Opfern und ihren Angehörigen sowie dem Volk und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika sein tiefstes Mitgefühl und Beileid;
3. fordert alle Staaten dringend zur Zusammenarbeit auf, um die Täter, Organisatoren und Förderer dieser Terroranschläge vor Gericht zu stellen, und betont, daß diejenigen, die den Tätern, Organisatoren und Förderern dieser Handlungen geholfen, sie unterstützt oder ihnen Unterschlupf gewährt haben, zur Verantwortung gezogen werden;
4. fordert außerdem die internationale Gemeinschaft auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um terroristische Handlungen zu verhüten und zu bekämpfen, namentlich durch verstärkte
Zusammenarbeit und die volle Durchführung der einschlägigen internationalen Übereinkünfte gegen den Terrorismus sowie der Resolutionen des Sicherheitsrats, insbesondere der Resolution 1269(1999) vom 19. Oktober 1999;
5. bekundet seine Bereitschaft, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 zu antworten, und alle Formen des Terrorismus zu bekämpfen, im Einklang mit seiner Verantwortung nach der Charta der Vereinten Nationen;
6. beschließt, mit der Angelegenheit befaßt zu bleiben.
Abstimmungsergebnis: Einstimmige Annahme.
Also: man wird was unternehmen, im Einklang mit den bereits bestehenden Vereinbarungen, die offenkundig dafür auch genügen.
Offenbar sollte man Herrn Schäuble auch noch die UN-Charta zukommen lassen... nötig hat er's!
(Via Hanno)
Karan - 18. Juli, 09:07
1 Kommentar - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
MMarheinecke - 18. Juli, 12:25
Im Kriegsfall
wäre der Status der Kombattanten geklärt: Entweder sie sind Soldaten der gegnerischen Streitkräfte - dann gilt die Genfer Konvention über die Behandlung Kriegsgefangener. Oder es sind "Irreguläre", Saboteure, Terroristen, sprich Kriminelle - dann gilt für sie das Strafrecht, mit allen Konsequenzen.
Eine dritte Möglichkeit, einen "Kämpfer" einzustufen, gibt es nicht. Nur die Regierung der USA, die unter Ausnutzung der unklaren Rechtsverhältnisse in Guantanamo Bay ein Internierungslager für mutmaßliche Terroristen geschaffen hat, den "Kombattanten-Status" der Internierten bewusst offen gelassen. Aber an sich, nach dem Völkerrecht, ist ihr Status klar: da sie keiner regulären Armee angehörten, sind sie als einer Straftat verdächtige zu behandel - mit allen Rechten, die sich daraus ergeben: Rechtsbeistand durch einen Anwalt, reguläre Ermittlungen im Rahmen der Strafprozessordnung, ordentliches Gericht, Unschuldsvermutung bis zum rechtskräftigen Urteil.
Dass Schäuble - wider besseren Wissens, er ist Jurist - der Öffentlichkeit etwas anderes weiß machen will, zeigt, in welcher Zwangslage er sich wähnt.
Ich bin der Ansicht, dass Schäuble gerade (unfreiwillig) den "Minenhund" für andere politische Entscheider macht - wie weit kann man gehen, bis man die öffentliche Unterstützung verliert? Und genau bis zu diesem Punkt, an der die mediale Öffentlichkeit und der Koalitionspartner bei Schäubles Liste endlich aufgeschrien haben, werden dann die Grundrechte eingeschränkt werde.
Wenn wir weiter so ruhig und friedlich bleiben ...
Eine dritte Möglichkeit, einen "Kämpfer" einzustufen, gibt es nicht. Nur die Regierung der USA, die unter Ausnutzung der unklaren Rechtsverhältnisse in Guantanamo Bay ein Internierungslager für mutmaßliche Terroristen geschaffen hat, den "Kombattanten-Status" der Internierten bewusst offen gelassen. Aber an sich, nach dem Völkerrecht, ist ihr Status klar: da sie keiner regulären Armee angehörten, sind sie als einer Straftat verdächtige zu behandel - mit allen Rechten, die sich daraus ergeben: Rechtsbeistand durch einen Anwalt, reguläre Ermittlungen im Rahmen der Strafprozessordnung, ordentliches Gericht, Unschuldsvermutung bis zum rechtskräftigen Urteil.
Dass Schäuble - wider besseren Wissens, er ist Jurist - der Öffentlichkeit etwas anderes weiß machen will, zeigt, in welcher Zwangslage er sich wähnt.
Ich bin der Ansicht, dass Schäuble gerade (unfreiwillig) den "Minenhund" für andere politische Entscheider macht - wie weit kann man gehen, bis man die öffentliche Unterstützung verliert? Und genau bis zu diesem Punkt, an der die mediale Öffentlichkeit und der Koalitionspartner bei Schäubles Liste endlich aufgeschrien haben, werden dann die Grundrechte eingeschränkt werde.
Wenn wir weiter so ruhig und friedlich bleiben ...
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