Quote statt Bildung
Heute bekam ich Post vom Intendanten des Hessischen Rundfunks, Dr. Helmut Reitze.
Seine Begründung für das Absetzen des "Newcomer-TV" bestätigt, was ich bereits befürchtet habe.
(...) "Fernsehen ist ein Massenmedium, das viele Menschen erreichen soll. Folglich muß auch ein regionales Programm wie das hr-fernsehen messbare Zuschauerzahlen erreichen.
Die für "Newcomer" gemessenen Zuschauerzahlen sind bedauerlicherweise kaum messbar. Durchschnittlich erreicht "Newcomer" im hr-fernsehen 1,1% Marktanteil. (...)"
Mal abgesehen von der übermäßigen Verwendung der Vokabel "messen" und der fehlenden Erklärung, wie und nach welchen statistischen Methoden denn diese Messungen vorgenommen werden und wer da überhaupt befragt wird, finde ich es schon äußerst merkwürdig, daß ein öffentlich-rechtlicher Sender sich einzig und allein aus der Quote definiert (ein Gebaren, das sonst gern den Privat- und Spartenkanälen vorgeworfen wird) - und seinen normalerweise stets auf die eigene Fahne geschriebenen Bildungsauftrag dezent verschweigt.
Die Schlußfolgerung, die der HR daraus zieht, ist interessanterweise die, daß doch das Radio "ein geeigneteres Medium" sei, um "jüngere Zielgruppen mit derartigen musikalischen Inhalten zu erreichen".
Wie schlecht es indes um die Möglichkeiten für Newcomer in der deutschen Radiolandschaft bestellt ist, weiß jeder, der einfach mal einschaltet. Außerdem sei an das Beispiel des bayerischen Zündfunks erinnert. Nachdem im letzten Jahr dessen Zerschlagung drohte, blieb er zwar vorerst erhalten, erwartet wird jedoch, daß er scheibchenweise gekürzt wird, sobald die geplante Jugendwelle lanciert ist. (Interessant in diesem Zusammenhang ist die Beobachtung, daß die meisten Zündfunkhörer über 40 sind, yeah, Leute, let it rock! ;-))
So schieben sich also die unterschiedlichen Medien gegenseitig den schwarzen Peter zu und merken gar nicht, wie sie beim Hörer/Zuschauer immer mehr an Glaubwürdigkeit verlieren.
Für uns als Band heißt das, weiterhin die Augen offenzuhalten und jede Chance zu nutzen – die Möglichkeiten, sich in den traditionellen Medien zu präsentieren, werden offenkundig immer geringer.
Bleibt zu hoffen, daß das Internet in dem Bereich immer mehr an Boden gewinnt.
Seine Begründung für das Absetzen des "Newcomer-TV" bestätigt, was ich bereits befürchtet habe.
(...) "Fernsehen ist ein Massenmedium, das viele Menschen erreichen soll. Folglich muß auch ein regionales Programm wie das hr-fernsehen messbare Zuschauerzahlen erreichen.
Die für "Newcomer" gemessenen Zuschauerzahlen sind bedauerlicherweise kaum messbar. Durchschnittlich erreicht "Newcomer" im hr-fernsehen 1,1% Marktanteil. (...)"
Mal abgesehen von der übermäßigen Verwendung der Vokabel "messen" und der fehlenden Erklärung, wie und nach welchen statistischen Methoden denn diese Messungen vorgenommen werden und wer da überhaupt befragt wird, finde ich es schon äußerst merkwürdig, daß ein öffentlich-rechtlicher Sender sich einzig und allein aus der Quote definiert (ein Gebaren, das sonst gern den Privat- und Spartenkanälen vorgeworfen wird) - und seinen normalerweise stets auf die eigene Fahne geschriebenen Bildungsauftrag dezent verschweigt.
Die Schlußfolgerung, die der HR daraus zieht, ist interessanterweise die, daß doch das Radio "ein geeigneteres Medium" sei, um "jüngere Zielgruppen mit derartigen musikalischen Inhalten zu erreichen".
Wie schlecht es indes um die Möglichkeiten für Newcomer in der deutschen Radiolandschaft bestellt ist, weiß jeder, der einfach mal einschaltet. Außerdem sei an das Beispiel des bayerischen Zündfunks erinnert. Nachdem im letzten Jahr dessen Zerschlagung drohte, blieb er zwar vorerst erhalten, erwartet wird jedoch, daß er scheibchenweise gekürzt wird, sobald die geplante Jugendwelle lanciert ist. (Interessant in diesem Zusammenhang ist die Beobachtung, daß die meisten Zündfunkhörer über 40 sind, yeah, Leute, let it rock! ;-))
So schieben sich also die unterschiedlichen Medien gegenseitig den schwarzen Peter zu und merken gar nicht, wie sie beim Hörer/Zuschauer immer mehr an Glaubwürdigkeit verlieren.
Für uns als Band heißt das, weiterhin die Augen offenzuhalten und jede Chance zu nutzen – die Möglichkeiten, sich in den traditionellen Medien zu präsentieren, werden offenkundig immer geringer.
Bleibt zu hoffen, daß das Internet in dem Bereich immer mehr an Boden gewinnt.
Karan - 18. Juli, 14:16
Hellblazer - 18. Juli, 19:34
Die zusätzliche Bigotterie des Quoten-Arguments besteht ja noch darin, dass die GEZ-Gebühren grundsätzlich damit begründet werden, dass öffentlich-rechtlich quotenunabhängig sein müsse und damit die Möglichkeit haben muss, auch mal nicht-massentaugliche Formate und Inhalte zu bringen, im Gegensatz zu den Privaten, die sich das so nicht leisten können oder "wollen" - dort also mit dem genauen Gegenteil des hier verwendeten Arguments argumentiert wird.
Ja wie denn nun? Doch Quote über alles? Wozu zahl ich denn dann Gebühr?
Ja wie denn nun? Doch Quote über alles? Wozu zahl ich denn dann Gebühr?
MMarheinecke - 18. Juli, 22:51
Willkommen im Club ...
... der Skeptiker bezüglich der wahren Motive des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Die Hoffnung, so etwas wie Vernunft bei den "Entscheidern" des deutschen Fernsehens (ö.-r. wie privat) zu finden, habe ich längst aufgegeben. Übrigens: die Quote, die ist real gar nicht mehr so wichtig. Bei den Privaten ist jetzt die hohe Rendite das einzig wahre Ziel. Billig produzieren, um jeden Preis, und hoffen, dass die Werbekunden bei der Stange bleiben. Die Entscheidung der SAT.1/Pro7-Gruppe für eine kurzfristig hohe Rendite wird, das legen Erfahrungen aus den USA nahe, mittelfristig dazu führen, dass zuerst die Zuschauer und dann die Werbekunde ausbleiben. Also: Raubbau und dann "wegschmeißen".
Beim öffentlich-rechtlichen ist das anders, aber meines Erachtens gar nicht mal so viel anders. Hier ist das Argument "Kosteneffizienz", vor allem bei "Minderheitenprogrammen" - das heißt, freie Produzenten werden so lange gedrückt, bis sie irgendwann sagen: Für die paar Kröten können und wollen wir nicht arbeiten.
Man kann zwar davon ausgehen, dass Rundfunksrats- und Managerposten bei den öffentlich-rechtlichen nach "Parteibuch" vergeben werden, und das in den Rundfunkgremien ein eifersüchtig gehegter Proporz herrscht. Aber "Quotenfrauen", "Quotenschwule", "Alibi-Ausländer" usw. gibt es wohl nicht - es herrschen: Parteien, Verbände, Gewerkschaften und (ganz extrem beim "Gottesdienstsender" ZDF) die Kirchen. Die Sendung "37 Grad" ist streng nach Proporz unter den Konfessionen aufgeteilt - wobei über ein Drittel der Zuschauer, nämlich die ohne Konfessionszugehörigkeit, unter den Tisch fallen.
Beim öffentlich-rechtlichen ist das anders, aber meines Erachtens gar nicht mal so viel anders. Hier ist das Argument "Kosteneffizienz", vor allem bei "Minderheitenprogrammen" - das heißt, freie Produzenten werden so lange gedrückt, bis sie irgendwann sagen: Für die paar Kröten können und wollen wir nicht arbeiten.
Man kann zwar davon ausgehen, dass Rundfunksrats- und Managerposten bei den öffentlich-rechtlichen nach "Parteibuch" vergeben werden, und das in den Rundfunkgremien ein eifersüchtig gehegter Proporz herrscht. Aber "Quotenfrauen", "Quotenschwule", "Alibi-Ausländer" usw. gibt es wohl nicht - es herrschen: Parteien, Verbände, Gewerkschaften und (ganz extrem beim "Gottesdienstsender" ZDF) die Kirchen. Die Sendung "37 Grad" ist streng nach Proporz unter den Konfessionen aufgeteilt - wobei über ein Drittel der Zuschauer, nämlich die ohne Konfessionszugehörigkeit, unter den Tisch fallen.
jensscholz - 19. Juli, 11:26
keine sorge. ich habe gestern gesehen, wo und wie zukünftig "sparten-tv" gemacht werden wird:
http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1415
http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1415
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