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17
Mai
2007

kultureller Kolonialismus

Eröffnungssitzung der V. Generalkonferenz des Episkopats von Lateinamerika und der Karibik - aus der Ansprache von Joseph Ratzinger (Benedikt XVI):

"Yet what did the acceptance of the Christian faith mean for the nations of Latin America and the Caribbean? For them, it meant knowing and welcoming Christ, the unknown God whom their ancestors were seeking, without realizing it, in their rich religious traditions. Christ is the Saviour for whom they were silently longing."

Da kommt also ein Westeuropäer daher und behauptet allen Ernstes, er wisse, wonach sich die lateinamerikanische Urbevölkerung vor über 500 Jahren "heimlich gesehnt" habe!

"It also meant that they received, in the waters of Baptism, the divine life that made them children of God by adoption; moreover, they received the Holy Spirit who came to make their cultures fruitful, purifying them and developing the numerous seeds that the incarnate Word had planted in them, thereby guiding them along the paths of the Gospel."

Die ursprünglichen Kulturen waren demnach in Herrn Ratzingers Augen fruchtlos und unrein? Was für eine Impertinenz!

"In effect, the proclamation of Jesus and of his Gospel did not at any point involve an alienation of the pre-Columbian cultures, nor was it the imposition of a foreign culture."

Eine gröbere Geschichtsverfälschung ist wohl kaum denkbar.

"Authentic cultures are not closed in upon themselves, nor are they set in stone at a particular point in history, but they are open, or better still, they are seeking an encounter with other cultures, hoping to reach universality through encounter and dialogue with other ways of life and with elements that can lead to a new synthesis, in which the diversity of expressions is always respected as well as the diversity of their particular cultural embodiment."

Dann frage ich mal ganz lautstark, ob die von Joseph Ratzinger repräsentierte kirchenchristliche Kultur denn in diesem Sinne eine authentische ist. Von Dialogfähigkeit und Respekt für kulturelle Artenvielfalt ist jedenfalls in der hier zitierten Rede nichts, aber auch gar nichts zu merken.

Um mal eines klarzustellen: ich will hier kein "Christen-Bashing" betreiben. Es geht nämlich gar nicht um irgendwelche religiösen Inhalte, sondern um einen kulturellen Kolonialismus, der die direkte Fortsetzung dessen darstellt, was in Lateinamerika um 1500 herum begonnen wurde. Ein kleiner Blick auf die damalige Geschichte Brasiliens belegt den Kontext:

"Schon 1494, beschlossen Portugal und Spanien die Aufteilung Südamerikas im Vertrag von Tordesilhas. Dort wurde unter Vermittlung des damaligen Papstes Alexander VI. eine Trennung der Interessensphären festgeschrieben, so dass die gesamte Westküste spanische, und die (zu diesem Zeitpunkt noch allgemein unbekannten) Küstenabschnitte des heutigen Brasiliens portugiesische Kolonie würden. Am 22. April 1500 landete der portugiesische Seefahrer Pedro Alvares Cabral dann beim heutigen Porto Seguro (im Süden des Bundesstaates Bahia) an der brasilianischen Küste an und nimmt das Land für die portugiesische Krone in Besitz.

1549 wurde das heutige Salvador da Bahia (São Salvador da Bahía de Todos os Santos) zur Hauptstadt ernannt. Schon zu dieser Zeit wurden Indios aus dem Landesinnern an die Küste gebracht, die die Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen im Nordosten verrichten mussten. Wegen harter Arbeit, Verfolgung und Anfälligkeit der Indios für europäische Krankheiten starben viele von ihnen. Die Kolonialherren versuchten daraufhin, die verloren gegangene Arbeitskraft mit Sklaven aus Afrika zu ersetzen. Bis 1580 brachten die Portugiesen das ganze Land auch faktisch unter ihre Kontrolle."


Es ging (und geht) um Geld und Macht. Und die beste Methode, Macht über Menschen auszuüben, ist, sie ihrer eigenen Kultur zu berauben.

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MMarheinecke - 17. Mai, 12:10

Schlimmer Fehltritt

Hallo Karan,
gut, dass Du das bloggst - mit dem Link auf den Vatikan-Website.

Ich habe mich mal umgesehen, was gestern in der deutschen Online-Presse dazu stand. Die Meinung war überraschend einhellig kritisch, sogar bei konservativen Medien.

Der Historiker Hans-Jürgen Prien hat Papst Benedikt XVI. nach dessen Rede im brasilianischen Aparecida eine „unglaubliche Geschichtsklitterung“ vorgeworfen. Kölner Stadt Anzeiger: Harsche Kritik am Papst.

Und nach diesem Kommentar in der SZ düften Ratzinger die Ohren klingeln:Die Schwäche des Papstes.
Glaubt man den Äußerungen Papst Benedikts XVI., ist den Ureinwohnern Lateinamerikas der neue Glaube nicht aufgedrängt worden. Wahrscheinlich war es also Anfang Oktober 1492 so, dass zwischen Mexiko und Feuerland die Menschen verstohlen aufs Meer blickten und dachten: "Wo sie nur bleiben? Wann endlich dürfen wir Indianer heißen und Christen werden?"
Aber es gibt auch die üblichen Schleimer:
"Er hat uns nicht kritisiert, ganz im Gegenteil", betont Antonio Celso Queiros, scheidender Vizepräsident der Brasilianischen Bischofskonferenz.
aus: Hamburger Abendblatt

baerin - 17. Mai, 22:57

uhhh, jaaaa....

...diese Rede ging so gar nicht.
Also aussenpolitisch ist dieser Papst echt schwierig. Da war sein Vorgänger wesentlich besser. Innenpolitisch ist er bislang allerdings erfrischend vernünftig. Weiß allerdings auch nicht, was das jetzt sollte. *gnarz*
Rotwerden muß unsereiner dabei, uh uh, schlimm ist das...
LG BärenSchwester

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