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24
Jul
2006

Der Dichter spricht

Ach, aber mit Versen ist so wenig getan, wenn man sie früh schreibt. Man sollte warten damit und Sinn und Süßigkeit sammeln ein ganzes Leben lang und ein langes womöglich, und dann, ganz zum Schluß, vielleicht könnte man dann zehn Zeilen schreiben, die gut sind. Denn Verse sind nicht, wie die Leute meinen, Gefühle (die hat man früh genug), - es sind Erfahrungen. Um eines Verses willen muß man viele Städte sehen, Menschen und Dinge, man muß die Tiere kennen, man muß fühlen, wie die Vögel fliegen, und die Gebärde wissen, mit welcher die kleinen Blumen sich auftun am Morgen. Man muß zurückdenken können an Wege in unbekannten Gegenden, an unerwartete Begegnungen und an Abschiede, die man lange kommen sah, - an Kindheitstage, die noch unaufgeklärt sind, an die Eltern, die man kränken mußte, wenn sie einem eine Freude brachten und man begriff sie nicht (es war eine Freude für einen anderen -), an Kinderkrankheiten, die so seltsam anheben mit so vielen tiefen und schweren Verwandlungen, an Tage in stillen, verhaltenen Stuben und an Morgen am Meer, an das Meer überhaupt, an Meere, an Reisenächte, die hoch dahinrauschten und mit allen Sternen flogen, - und es ist noch nicht genug, wenn man an alles das denken darf. Man muß Erinnerungen haben an viele Liebesnächte, von denen keine der andern glich, an Schreie von Kreißenden und an leichte, weiße, schlafende Wöchnerinnen, die sich schließen. Aber auch bei Sterbenden muß man gewesen sein, muß bei Toten gesessen haben in der Stube mit dem offenen Fenster und den stoßweisen Geräuschen. Und es genügt auch noch nicht, daß man Erinnerungen hat. Man muß sie vergessen kön nen, wenn es viele sind, und man muß die große Geduld haben, zu warten, daß sie wiederkommen. Denn die Erinnerungen selbst es noch nicht. Erst wenn sie Blut werden in uns, Blick und Gebärde, namenlos und nicht mehr zu unterscheiden von uns selbst, erst dann kann es geschehen, daß in einer sehr seltenen Stunde das erste Wort eines Verses aufsteht in ihrer Mitte und aus ihnen ausgeht.

Rainer Maria Rilke

23
Jul
2006

Erfahrungen

Von tausend Erfahrungen, die wir machen, bringen wir höchstens eine zur Sprache, und auch diese bloß zufällig und ohne die Sorgfalt, die sie verdiente. Unter all den stummen Erfahrungen sind diejenigen verborgen, die unserem Leben unbemerkt seine Form, seine Färbung und seine Melodie geben. Wenn wir uns dann, als Archäologen der Seele, diesen Schätzen zuwenden, entdecken wir, wie verwirrend sie sind. Der Gegenstand der Betrachtung weigert sich stillzustehen, die Worte gleiten am Erlebten ab, und am Ende stehen lauter Widersprüche auf dem Papier. Lange Zeit habe ich geglaubt, das sei ein Mangel, etwas, das es zu überwinden gelte. Heute denke ich, daß es sich anders verhält: daß die Anerkennung der Verwirrung der Königsweg zum Verständnis dieser vertrauten und doch rätselhaften Erfahrungen ist. Das klingt sonderbar, ja eigentlich absonderlich, ich weiß. Aber seit ich die Sache so sehe, habe ich das Gefühl, das erstemal richtig wach und am Leben zu sein.

Pascal Mercier

20
Jul
2006

Was ist Kunst wert?

Daß das Magazin "MAX" online Bilder zu akquirieren versucht und dafür, wie bei Sven zu lesen ist, nicht einmal ein Honorar zu zahlen bereit ist, überrascht mich nicht wirklich. Mit immer unverfrorenerer Selbstverständlichkeit wird davon ausgegangen, daß Kunst kostenlos zu haben ist.

Ich erinnere mich selbst an etliche Beispiele aus meinen blutigen Anfängerjahren als Musikerin, wo ich mich immer mal wieder breitschlagen ließ zu dem einen oder anderen Gratis-Auftritt – nicht etwa, wie ich es heute auch immer noch gerne tue, von Freunden oder guten Bekannten, sondern von Menschen, gar von Institutionen, die durchaus in der Lage gewesen wären, mir etwas zu zahlen, die mich aber ähnlich zu locken verstanden wie die "MAX"-Redakteure. Heute würde ich auf solche Sprüche nicht mehr hereinfallen, denn in der Zwischenzeit ist mir einiges klar geworden.

Mir scheint, daß das zur Ideologie verbogene biedermeierliche Bild des "armen Poeten" immer noch die bürgerliche Auffassung von Kunst und Künstlern prägt.
Diese haben in erster Linie mal Idealisten zu sein. Den schnöden Mammon überlasse man doch bitteschön denjenigen, die damit umzugehen wissen. Kommt ein Künstler dann doch auf die Idee, für sein Tun und Werk Geld zu verlangen, folgt sehr rasch der Vorwurf der "Kommerzialisierung". Der spätestens diejenigen trifft, die tatsächlich erfolgreich werden.

Einmal erwarb jemand eine Singvøgel-CD mit den Worten "Euch kann man ja noch kaufen, im Gegensatz zu Rosenstolz, die sind ja jetzt so fürchterlich kommerziell".
Wie bitte?
Rosenstolz ist kein Industrieprodukt wie diese diversen durchgestylten Casting-Bands, sondern ein eigenschöpferisches Projekt. Die haben sich aus der Berliner Szene hochgespielt, machen einfach ihr Ding (ob das nun jemandes Geschmack ist, steht ja auf einem anderen Blatt) – und machen damit mittlerweile richtig Kohle. Aber ist deswegen die Musik, sind die Texte schlechter als zu Anfang? Anders sind sie vielleicht; wäre ja schlimm, wenn jemand immer das gleiche Lied schriebe. Aber wie bitte klingt "kommerziell"?

Also ich wäre richtig gerne kommerziell, in dem Sinne, daß ich überhaupt nix dagegen hätte, mit dem, was ich gut kann, nämlich Lieder machen, auch gutes Geld zu verdienen.

Die Wurzel des ganzen Problems vermute ich im Umgang mit "Kunst als Ware". Wird ein Kunstwerk gehandelt, erhält es einen festen Wert, wird damit aber gleichzeitig zu einem merkantilen Objekt, das allen Gesetzen der Marktwirtschaft ebenso unterworfen ist wie deren grundsätzlicher Geistlosigkeit.
Hier läßt sich dann auch wieder der Bogen schlagen zur "hehren Kunst" des armen (für seine Ideale hungernden und frierenden) Poeten und den mißtrauisch beäugten Erfolgreichen.
Der arme Poet ist sozusagen der Sündenbock für den Spießbürger, der sich mit Idealen eben gar nicht erst abgibt, lieber dem armen Künstler einen Brosamen hinwirft anstatt ihm ein ordentliches Honorar zu zahlen, und ihn dafür als Stellvertreter benutzt, der für ihn denkt, schreibt, singt, tanzt, malt und spielt.
Mit dem erfolgreichen Künstler kann der Spießbürger das nicht mehr machen, darum wird der eben gleich als "verflacht" oder "vom Geld verdorben" abgelehnt.

Die Herausforderung läge darin, der Kunst und ihren Ausdrucksformen einen Wert beizumessen, der sich auch (!) in finanzieller Hinsicht niederschlägt, und gleichzeitig die Fallen marktwirtschaftlicher Beurteilung und (spieß-)bürgerlicher Verurteilung zu vermeiden.

Eine Kulturgesellschaft stellt sich dieser Aufgabe und bewältigt sie so gut wie möglich. Eine Merkantilgesellschaft bedient sich bestenfalls des Vorwandes, eine Kulturgesellschaft zu sein und handelt nach den Regeln der Wirtschaft, womit die Kunst endgültig zur Ware, der Künstler zum Industriearbeiter oder zum Hungerkünstler wird.

19
Jul
2006

Lend me your feather cloak




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17
Jul
2006

Genius

genius

geniustxt

13
Jul
2006

Könnte bitte mal jemand so freundlich sein...

... und dieses Lied aus meinem Kopf entfernen, es treibt mich nämlich grad ein bissl zum Wahnsinn.

Mal sehen, ob hiervon etwas hängenbleibt.

10
Jul
2006

statt schwarzrotsenf

pirate

Die Schaluppe der Seeräuber-Karan

*gröhl*: "Und ein Schiiiiiiiff mit acht Seeeegeln und mit fünfzig Kanoooooonen wird liegen am Kai..."

Rudolstadt

suden_aika

Das absolute Highlight war für mich Suden Aika aus Finnland.



r_oppermann

Das rote Teil im Vordergrund ist eine E-Harfe.



kwecker

"Wenn der Sommer nicht mehr weit ist" hat er auch gesungen. Natürlich ganz speziell für mich ;-)))



s_vega

Das hat sie zwar nicht gesungen, aber seitdem geht es mir nicht mehr aus dem Kopf...



Ansonsten gab es natürlich sehr wenig Schlaf, sehr viel leckeres Thüringer Bier und ausgesprochen angenehme Kontakte.

Und am Vorabend (bis vier Uhr früh!) eine wilde Session in der schönsten Kneipe Rudolstadts: mit deutschen Volksliedern, amerikanischem Folk und etlichen Singvøgel-Weisen. Wie gut, daß ich meine Reisegitarre dabei hatte. :-)

6
Jul
2006

...

In trutina mentis dubia
Fluctuant contraria
Lascivus amor et pudicitia
Sed eligo quod video
Collum iugo prebeo
Ad iugum tamen suave transeo.
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Karan

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