Er war ein wilder König
Er losch auf einmal aus so wie ein Licht.
Wir trugen alle wie von einem Blitz
Den Widerschein als Blässe im Gesicht.
Und fingen an zu reden, wer er war.
Wer aber war er, und wer war er nicht?
Er kroch von einer Larve in die andere,
Sprang aus des Vaters in des Sohnes Leib
Und tauschte wie Gewänder die Gestalten.
Sein ganzer Leib war wie der Zauberschleier,
In dessen Falten alle Dinge wohnen.
Er holte Tiere aus sich selbst hervor:
Das Schaf, den Löwen, einen dummen Teufel
Und einen schrecklichen, und den und jenen,
Und dich und mich. Sein ganzer Leib war glühend,
Von innerlichem Schicksal durch und durch
Wie Kohle glühend, und er lebte drin
Und sah auf uns, die wir in Häusern wohnen,
Mit jenem undurchdringlich fremden Blick
Des Salamanders, der im Feuer wohnt.
Er war ein wilder König. Um die Hüften
Trug er wie bunte Muscheln aufgereiht
Die Wahrheit und die Lüge von uns allen.
Mit Augen wie die Kinder saßen wir
Und sah'n an ihm hinauf wie an den Hängen
Von einem großen Berg: in seinem Mund
War eine Bucht, drin brandete das Meer.
Denn in ihm war etwas, das viele Türen
Aufschloß und viele Räume überflog:
Gewalt des Lebens, diese war in ihm.
Wir standen plötzlich vor Albin Skodas Grab auf dem Zentralfriedhof, tief bewegt von dem sinnig aus einem längeren Gedicht von Hugo von Hofmannsthal extrahierten Grabspruch. Aber all dies habe ich erst hinterher recherchiert. Als wir dort waren, wußten wir nichts über ihn. Und doch so viel...
Karan - 29. Juni, 14:31
0 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Trackback URL:
https://karan.twoday.net/stories/2262008/modTrackback