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26
Okt
2007

Was ist wichtig?

Wir Menschen tragen den Namen "homo sapiens" mit ziemlicher Sicherheit zu Unrecht: weise kann es doch nicht zu nennen sein, daß wir unseren Blick unfehlbar stets auf das Schreckliche richten, die bestürzenden Nachrichten, die bedrohlichen Gegebenheiten... Noch unweiser wäre freilich das Wegschauen, das uns dazu verurteilen würde, Opfer der Umstände zu sein.

Wie finde ich zur Ausgeglichenheit meiner eigenen Wahrnehmung? Die Schreckenszentriertheit der modernen Nachrichtensendungen ist ebenso unrealistisch wie der weichgezeichnete "Licht-und-Liebe"-Tunnelblick der Esoterik.

Die innere und äußere Automatisierung meines Alltags hält mich allzu oft davon ab, diese Ausgeglichenheit immer wieder zu suchen und zu halten, wenn sie mir entgleitet.

Manchmal allerdings werde ich einfach fortgerissen. Mir starb ein geliebter Mensch, die Welt ging aus den Fugen. Aber nur, damit sich dahinter ein ganz anderes Land öffnen konnte, ein ungeahnter Friede, eine tiefe Erkenntnis von Stimmigkeit und Freiheit. Ohne Ausblenden der real existierenden Kämpfe und Friedlosigkeiten. Die bekamen nur einen anderen Platz, einen anderen Stellenwert.

Was ist wichtig?
Das, was das Herz berührt. Existentiell und ideell. Dann fügt sich die Welt, die ich ja sowieso immer nur in dem finde, was ich selber wahrnehme und für wahr nehme. Ich habe die Wahl. Kann mich entscheiden, mich der Panikmache der Manipulatoren ebenso zu entziehen wie dem süßlichen Scheintrost, der doch nur riesige Ängste kaschiert.

Ich habe die Wahl. Auch jetzt, wo mein Alltag wieder nach mir greift, wo die Gewohnheit wieder ihre Türen für mich öffnet – allzu wohnlich möchte ich es mir nicht in ihr machen, denn ich erinnere mich an goldene Herbsttage, an Schmerz und Befreiung, an die Reinheit des Augenblicks ohne die Besessenheit von Vergangenheit oder die Illusion von Zukunft.

Unsere Gattung sollte "homo sapiendus" heißen, denn Weisheit ist, wie alles Lebendige, ein Prozeß, kein Zustand.

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Bodecea - 29. Oktober, 08:56

Hallo Karan,

danke für die schönen Worte...
Wie heißt es in einem alten Reggaesong, den ich irgendwo auf CD habe? "We can build our own reality..."
Ich glaube, sich nach einer absoluten inneren und/äußeren Sicherheit zu sehnen (wie ich es auch tue, klar) ist eigentlich falsch. Wenn man wirklich frei ist, kann man nie sicher sein. Ob es jetzt um die Sicherheit vor "Terror" geht oder um die Sicherheit vor unerwünschten Emotionen.

Alles Liebe
Bodecea

schamanca - 29. Oktober, 20:22

Wie gut kann ich das nachvollziehen. Der Strudel saugt an mir und manchmal kämpfe ich. Viel liebe gehe ich in den Wald und streichle Bäume.Da draußen ist mir im Moment lieber als die Menschen vor ihren Cyberkästen.

herzliche Grüße
silvia

404 - 31. Oktober, 16:02

Radikal und schön

Es gibt etwas, das uns helfen kann, Spreu und Weizen voneinander zu trennen: das UNTERSCHEIDUNGSVERMÖGEN.

Mit allen wesentlichen Eigenschaften des HOMO SAPIENS SAPIENS verhält es sich so, dass sie beständig entwickelt, bewiesen, erarbeitet und verändert werden müssen. Wir sind halt LEBENDIGE Wesen.

Mir scheint die Hauptlast der Sensationsgier (eine Konsequenz der Langeweile aus MANGELNDER Lebendigkeit) und der Negativität liegt bei den Medien, deren Berichterstattung und ihr infaltionärer KONSUM durch uns. Geldverdienen. Unterhaltung. Reize.

Unterscheiden zu können zwischen relevanten, nützlichen, wahren und hilfreichen INFORMATIONEN und dem emotionalen Gehalt von abstrakten, irrelevanten und belanglosen Nachrichten ist unbedingt WESENTLICH!

Lu Ping - 2. November, 13:11

Hi Karan,

lese ab und zu mal in Deinem Blog, wenn ich dazu komme. Mir gefällt die Mischung: Politik, Kunst, Spiri ;-)

Ich wollte somit auf folgendes Projekt aufmerksam machen, falls Du es nicht schon kennst:

Kunststimmen gegen Armut

Vielleicht hast Du ja Lust, Dich daran zu beteiligen bzw. kennst Leute, an die Du das weitergeben kannst?

LG
Lu :-)

Karan - 6. November, 10:38

Heya, das ist ja witzig, ich lese nämlich auch bei Dir schon seit einer Weile immer wieder rein und find's toll! :-)

Schönes Projekt! Klar, da mach' ich mit. Gerade, weil bei so was wahrscheinlich wieder sooo viele jammern werden, daß es doch "nix bringt" (als ob Daheimsitzen und nix tun mehr brächte)...
MMarheinecke - 6. November, 16:23

Ich möchte, aber ich KANN nicht

eine tolle Aktion, an der ich gern teilnehmen würde - aber ich KANN nicht, nachdem ich den "offenen Brief" an Frau Merkel gelesen habe. Darin sind einige Forderungen enthalten, die, obwohl zweifelsohne gut gemeint, de facto auf ein diktatorisches System herauslaufen könnten. Ich bin mir bewusst, dass das herrschende politische System der Bundesrepublik Deutschland sich rapide in Richtung einer autoritären Oligarchie entwickelt. Ich bin mir aber auch darüber im Klaren, dass die angebotene Alternative "Neue Gesellschaft" sehr leicht in eine autoritäre Richtung umschlagen könnte.
Eine Diktatur kann und darf niemals die Alternative zu einer anderen Diktatur sein.

Mein Gefühl sagt: "Tolle Aktion" - meine politische Vernunft mahnt: "SO nicht!"
Lu Ping - 6. November, 19:27

Huhu Karan

*lach* so ist das manchmal. Man hinterläßt ja nicht überall immer gleich Spuren. Wenn das so wäre, würde man wohl zu nichts anderem mehr kommen. Ich persönlich komme ja so schon kaum hinterher, immer alles zu lesen, geschweige denn, auch zu schreiben *hech*
Was die Aktion angeht ... es ist immer ein Spagat zwischen etwas tun und sich nicht zu sehr verausgaben, zwischen auch mal alles laufen lassen und weggucken. Ich kenne sowas. Aber hier dachte ich gleich, hey, das ist mal was. Und es betrifft eben auch mich, meine Familie, Freunde ...

@MMarheineke:

Der offene Brief ist auch nicht meins, ich kann vieles darin nicht unterschreiben. Hat, soviel ich weiß, ner Menge anderer Künstler auch übel aufgestoßen - sie machen trotzdem weiter mit, schreiben eben ihre eigenen Briefe. Ich reduziere mich nicht auf diesen Brief. Ich mache insgesamt bei dieser Aktion mit, die ich nach wie vor sehr gut finde.
Karan - 6. November, 22:59

Ich find's halt gut, daß Kunstschaffende da mal was ganz Konkretes machen. Was den Brief angeht, so hätten die Initiatoren den echt besser bleiben lassen sollen... ein kurzes, knackiges Statement wäre viel überzeugender als diese halbgare Weltverbesserungsschwurbelei! ;-) Den häng' ich bei mir bestimmt nicht mit dran, sondern lasse meine Töne sprechen, das reicht.
MMarheinecke - 7. November, 08:57

Wenn es nur halbgares Geschwurbel wäre

bestenfalls ist der Brief naiv. Aber schon die Art und Weise, wie im Brief der "Übergang zur besseren Gesellschaft" dargestellt wird, läst mich daran zweifeln, dass die individuelle Freiheit für die Briefautoren einen hohen Rang einimmt - anders ist m. E. nicht zu erklären, dass ihnen als erste Maßnahme Sanktionen und Belohnungen (fast nach "Harz IV"-Muster) einfallen, um die "bessere Gesellschaft" zu erzwingen.
Der dumme (wirklich dumme) Brief macht die ganze Aktion kaputt. Auch wenn ich ihn nicht zu einen meiner Bilder beilege.
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