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31
Okt
2006

In Bewegung kommen

Sven schrieb eine umfassende Standortbestimmung, deren Lektüre ich Euch allen ans Herz legen will.

Da ich ihm nicht die Kommentarspalte zusülzen möchte, sage ich selber mal kurz, was mir ergänzend dazu einfiel.

Weshalb geht denn niemand mehr auf die Straße? Wir alle hätten genügend Gründe dazu, deutlich mehr sogar als zu Wackersdorf- und Startbahn-West-Zeiten.

Die derzeitige politische Strategie maximiert die Vereinzelung. Nicht nur die des Individuums, auch die der jeweiligen Interessengruppen. Das ist ja ("divide et impera") erst mal nix Neues. Allerdings hat es wohl noch nie so global und umfassend funktioniert.

Viele öffentliche Medien greifen ebenfalls grusellüstern zu, wenn im Großen oder Kleinen wieder mal etwas passiert, und schlußfolgern passend: "Wehr dich nicht. Wer sich wehrt, riskiert Leib und Leben".

Dazu kommt (und daraus resultiert) dann der fatale Rückzug ins "Private" und "Unpolitische", die Vollziehung einer Spaltung von Lebenswelten, die faktisch zusammengehören - mit schlimmen Folgen, nicht nur in gewissen Szenen (ja, ich wiederhole mich linktechnisch, aber das ist wohl leider nötig).

Was die Demonstranten in den 80er Jahren einte, war deren persönliche Betroffenheit. Sie hatten Angst. Und redeten miteinander, trafen sich, tauschten sich aus, stellten irgendetwas auf die Beine, und wenn es nur eine kleine Mahnwache war. Irgendwann taten das immer mehr Leute. Und der Stein kam ins Rollen.

Was ist heute anders? Die Angst ist wahrscheinlich noch schlimmer geworden. Subtiler. Wir werden ja auch von doppelten Botschaften zugedröhnt, medial ummantelt in einer Weise, die damals undenkbar war. Wir sitzen vor dem Rechner statt in der Kneipe. Das macht einen Riesenunterschied! Ich will nun aber nicht nostalgisch werden, schätze die Vorzüge des Internet durchaus, nur glaube ich (und sagte es ja bereits mehrmals), daß das nicht reicht.

Es gibt ja eine neue Informationskultur abseits der Medien, und ich glaube, daß diese Kräfte (z.B. der Weblogszene) durchaus ins Konkrete wirken können. Allerdings sehe ich zum einen davon noch nicht genug, obwohl es viele postulieren. Und andererseits weiß ich um die Kraft des direkten Handelns.

Wir haben die Netze, die Maschinen, wir finden die Worte und Konzepte. Aber die lassen sich nicht anfassen. Die Hand meines Nachbarn in der Menschenkette jedoch war sehr real.

Ich höre schon von allen Seiten das wohlvertraute "das bringt ja eh nix". Wer sagt das? Und muß das so bleiben?
Ich will, daß sich etwas ändert. Ich will etwas ändern.

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Trackbacks zu diesem Beitrag

martinm.twoday.net - 1. November, 12:23

Selbst-Bestimmung

Sven schrieb in seinem Blog eine... [weiter]
Zia - 2. November, 14:41

Für...

..."Startbahn West" und "Wackersdorf" - Erinnerungen bin ich wohl erstens zu jung und zweitens auf der falschen Seite Deutschlands groß geworden. Trotzdem oder gerade deswegen nutze ich mal Deinen Eintrag hier, um das Thema "auf die Straße gehen und was verändern" aus einer etwas anderen Perspektive zu beleuchten.
Erstmal, - ja Demonstrieren kann was ausrichten. Das hat man ja an der "friedlichen Revolution" 1989 (die ich als Pubertierende miterlebt habe) gesehen.
Was war das Besondere daran? Es waren sich viele Leute einig und haben ihre Kräfte gemeinsam in eine Richtung gelenkt.
Aber eines darf darüber nicht vergessen werden: Diese Revolution blieb nur deswegen friedlich, weil es die große Politik so wollte. Glücklicherweise gab es da nämlich Gorbatschow, der damals am entscheidenden Hebel saß, der diese Umwälzungen befürwortete und es ablehnte Panzer gen Westen zu schicken. Sonst wäre dem Prager Frühling womöglich ein mindestens ebenso blutiger Leipziger Herbst gefolgt, der die Gesamtsituation noch wesentlich verschärft hätte. (In China ist sowas ja einige Zeit vorher tatsächlich passiert)

Wie auch immer, für mich, die ich mit meinen 13 Jahren damals gerade anfing alles in Frage zu stellen und gegen alles und jeden zu rebellieren, war das erstmal eine tolle Erfahrung. Nachdem ich als Kind in der DDR gelernt hatte, daß man das was man wirklich denkt nur ganz bestimmten Leuten sagen darf, daß es nicht erlaubt ist öffentlich eine Meinung zu vertreten, die von der offiziell propagierten Meinung abweicht ...
war es wunderbar zu sehen, daß wenn sich nur genug Leute einig sind und laut kundtun was sie wollen, selbst solche Betonköpfe wie die der damaligen DDR - Regierung, die ja nun wirklich Jahrzehntelang nicht zu stürzen gewesen waren, plötzlich abdanken mußten.

Ich war begeistert! Klasse! endlich lebe ich in einer demokratischen Gesellschaftsordnung, in der ich selbst mitbestimmen kann wo es langgeht, in der ich laut sagen kann was ich denke...Freiheit!
Du glaubst nicht, wie euphorisch ich war...
Was für Möglichkeiten der Neugestaltung es in dieser Zeit gab! Das fand ich damals total atemberaubend.

...und wie groß die Enttäuschung war, als ich ziemlich bald erkennen mußte, daß es so einfach leider doch nicht ist.

Nachdem die erste Wende - Euphorie nämlich vorbei war, schossen die Rechtsradikalen wie Pilze aus dem Boden . Asylantenheime wurden in Brand gesteckt... wissen wir ja alles. Auch in meiner Heimatstadt gabs Angriffe. Viele Leute waren schockiert, wir sind wieder ausgerückt zum Demonstrieren, haben vor dem Asylantenheim Wache gestanden. Und ich traute meinen Augen nicht, als ich feststellen mußte, daß die zwei Polizeihundertschaften, die alsbald anrückten nicht uns und das Heim schützten, sondern die Anderen, während die Pflastersteine munter weiter in unsere Richtung flogen.
Parrallel dazu begannen im Großen wie im Kleinen großkotzige "Wessies" wie oppoertunistische "Ossies" das Ruder zu übernehmen, wieder gab es bald Dinge, die besser nicht öffentlich gesagt werden sollten, die Plätze an den langen Hebeln (wie lang diese Hebel teilweise tatsächlich waren, wird erst heute in vollem Ausmaß sichtbar) waren alsbald sorgsam verteilt worden und aus wars mit den tollen neuen Möglichkeiten.
Ich kam mir damals vor wie vom Regen in die Traufe gefallen und seither mache ich mir keine Illusionen mehr, wie welche Kräfte in unserer Welt wirken und wie nicht.

Ich habe gelernt, daß es wichtig ist, daß ich selbst zunächst mal meinen Weg aufrecht gehe, daß ich mir selbst treu bin und offenen Herzens und wachen Auges innerhalb meines kleinen Lebensbereiches wirke. Das ist nicht unbedingt immer außen sichtbar (was auch einen gewissen Schutz darstellt), aber trotzdem ist es wirksam.
Nur wenn das viele Menschen machen, kann wieder ein Klima entstehen, in welchem Kreativität mehr und mehr Raum einnimmt und Destruktivität und Gewalt zurückgedrängt werden.
Auch öffentliche Proteste brauchen viele starke und selbstbewußte Menschen als sichere Basis, damit sie fruchten können.
Ich glaube, daß es sowenig Widerstand gibt, liegt daran, daß sich viele Leute schwach und unsicher fühlen. Der Status des impotenten Schäfchens fühlt sich für die Meisten dann immernoch am sichersten an, obwohl sie vielleicht mit vielem was läuft nicht einverstanden sind.

Ich betrachte es als meine Aufgabe, bei mir anzufangen, für mich den Raum zu schaffen, in dem es auch anders geht und diesen Raum immer weiter auszudehnen. Damit habe ich recht gut zu tun.
Und momentan halte ich die Vernetzung vieler starker Individuen für die wirksamste Methode um was zu verändern.
Ich glaube, wir können heutzutage froh sein, daß es so Sachen wie das Internet gibt. Manch wertvoller persönlicher Kontakt, den ich jetzt habe wäre ohne diese famose Einrichtung nie zustande gekommen...


...puhhh, jetzt hab ich Dir Deine Kommentarleiste vollgesülzt. ;-) So lang sollte es eigentlich gar nicht werden. Aber diese Dinge schwirren mir schon seit einiger Zeit im Kopf rum und sind durch Deinen Eintrag jetzt gerade so zu Tage getreten...
...hoffe es ist wenigstens einigermaßen schlüssig l...

liebe Grüße
Zia

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